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Mit Drama geht’s leichter – wie funktioniert die Klassische Heldenreise richtig?

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Was haben „Matrix“, „Der Herr der Ringe“, „Ocean‘s 11“, „Star Wars“ und „Pretty Woman“ gemeinsam – richtig, es sind alles erfolgreiche Kinofilme, die eine Heldenreise beschreiben. In einem Fall eine Heldinnen-Reise.
Wenn wir in die Literatur schauen, gilt das Gleiche: Große Romane wie „Der Name der Rose“, „Moby Dick“, oder „Alice im Wunderland“, sind alles Helden oder Heldinnen Reisen.
Alle diese großartigen Stories, ob es nun eine Liebesgeschichte ist, ein Spionagethriller, ein Krimi, ein Historienroman, oder eine Komödie – funktionieren nach der gleichen Struktur.

Vielleicht hast du schonmal von Joseph Campells Klassischer Heldenreise gehört. Mythenforscher Campbell hat in seinen Studien in den 1950er Jahren festgestellt, dass die Heldenreise in viele Kulturen vorkommt und universell verstehbar ist. Er hat daraufhin die Heldenreise in 17 aufeinanderfolgenden Stufen festgeschrieben. Seine Idee wurde jedoch erst in den 1980er Jahren populär.
Der Hollywood Drehbuchautor Christopher Vogler hat Campbells Heldenreise aufgegriffen und etwas reduziert. Seine Heldinnen und Helden lässt er seitdem eine 12-stufige Reise durchlaufen.

Die 12 Stationen der Heldenreise

Schauen wir einmal die 12 Stationen der Heldenreise von Vogler an, denn die eignen sich gut für eine tiefere Betrachtung:
Station 1: Ausgangspunkt der alten, oft unzureichenden Welt des Helden. Am Beispiel Matrix, die kleine Wohnung von Neo, gespielt von Keanu Reeves.
Station 2: hier erfährt der Held den Ruf, wie bei Matrix zum Beispiel: die Nachricht am Computer beschwört Neo, dem weißen Kaninchen zu folgen…es klopft an der Tür, es gibt ein Versprechen, ein Angebot, einen Auftrag. Folge dem weißen Kaninchen.
Station 3: ist die Verweigerung, Neo geht zunächst nicht auf das Angebot ein.
Station 4: Begegnung mit dem Mentor – im Fall von Neo ist das Morpheus – der ihn von seinem Auftrag überzeugt.
In Station 5: überschreitet der Held die Schwelle, ab hier gibt es für Neo kein Zurück, sehr schön mit der roten und blauen Pille veranschaulicht.
Welche Pille hättest Du geschluckt??? Das ist eine gute Frage!
Station 6: wird die erste Bewährungsprobe, der Held trifft auf Verbündete (die Besatzung des Schiffs) und auch auf seine Gegner (den Agenten Mr. Smith und seine Klone), Neo muss auch die anstrengende Prozedur der Lösung von der Matrix über sich ergehen lassen und trainieren.

Station 7: Vordringen zur Höhle, zum tiefsten Kern, könnte man bei Matrix unterschiedliche Szene betrachten, einmal der Kampf mit den Agenten, andererseits der Kampf mit sich selbst um den Glauben, dass er der Auserwählte ist – oder auch nicht.

Station 8: ist die entscheidende Prüfung, Konfrontation mit dem Gegner und Überwindung. Im Kampf mit den Agenten zum Ende des Films und der Rettung von Trinity, seiner Gefährtin und Morpheus, seinem Mentor wird Neo zunächst von einem Agenten getötet.

Durch die Liebe und den Glauben an Neo als Auserwählten küsst Trinity ihn wach. Neo erkennt selbst, dass er fähig ist, den Feind zu bekämpfen, er kann die Matrix sehen, er kann die Kugeln der Agenten aufhalten – er ist der Auserwählte.

Station 9: die Belohnung: der Held besitzt nun den „Schatz“, oder das „Elixier“, oder im übertragenen Sinne, mehr Wissen, Weisheit, neue Erkenntnisse. Neo erkennt, dass er die Matrix sehen und mit der Kraft seiner Gedanken und dem Gelernten die Agents bekämpfen kann.

Station 10: der Held tritt den Rückweg an, es ist eine Auferstehung aus dem Kampf mit neuen Erkenntnissen.

Station 11: Der Feind ist besiegt, das Elixier befindet sich in der Hand des Helden. Er ist durch das Abenteuer zu einer neuen Persönlichkeit gereift und weiß, mit der neuen Kraft umzugehen. Neo beherrscht jetzt die Matrix und durchschaut sie wortwörtlich.

Station 12: Das Ende der Reise: Der Rückkehrer ist in der Lage in zwei Welten zu leben und wird zu Hause mit Anerkennung belohnt, er ist sich seiner Verantwortung und seiner Kraft bewusst.
Am Ende des Films hören wir einen Monolog von Neo, der in der Rolle des Auserwählten seine Verantwortung wahrnimmt und zur Menschheit über die anstehenden Veränderungen spricht.

Platons Höhlengleichnis als Vorlage für Matrix

Der Plot von „Matrix“ ist übrigens nicht neu, auch wenn er damals, als der Film erschien, wie eine revolutionäre Story gefeiert wurde. Klar war der Film gut aufgebaut und es gab einige spektakuläre Techniken, die die Filmwelt tatsächlich revolutionierten.
In der Antike hat bereits Platon in seinem „Höhlengleichnis“ eine ähnliche Geschichte erzählt, an die sich Matrix anlehnt.
Sie handelt von einer Gruppe von Menschen, die in einer Höhle angekettet nur Schattenbilder ihrer selbst an der Wand sehen, die durch ein Feuer hinter ihnen projiziert werden. Die Menschen halten die Schattenbilder für wahr und befinden sich auf der ersten Stufe der Realität, nämlich der rein sinnlichen Wahrnehmung.
Was würde passieren, fragt Platon weiter, wenn einer der Gefangenen losgebunden und gedrängt würde, aufzustehen, und die Höhle zu verlassen, sich selbst zu betrachten und nicht nur den dunklen Schein der Reflektionen an der Wand?
Dieser Mensch wäre zunächst vom Feuer und von der Sonne geblendet, ist er doch die Dunkelheit gewohnt und er würde die realen Dinge erst einmal nicht für wahr erkennen und verwirrt sein. Es würde einige Zeit dauern, bis er sich an die realen Dinge gewöhnt hätte, jedoch blendet das Licht noch immer und es zieht ihn womöglich in die bequeme Dunkelheit der Höhle zurück.
Stellen wir uns vor unser befreiter, ehemals Gefangener wird also mit etwas Nachdruck doch dazu gebracht in der Realität zu bleiben und er würde zurück in die Höhle gehen, um andere zu befreien. Die würden die das vermutlich gar nicht wollen, weil auch sie die bequeme Dunkelheit der zunächst mal schmerzlichen Erkenntnis vorziehen.
Der befreite Gefangene symbolisiert für Platon den Philosophen, der durch Erkenntnis und philosophische Reflexion die Wahrheit jenseits der sinnlichen Erfahrung erkennen kann. Er wird vom Zustand der Unwissenheit befreit.
Und hier sehen wir wieder in wunderbarer Weise, dass die uralte Geschichte von Platon mit anderen, modernen Mitteln erzählt, perfekt in unsere Welt passt. Universell und transhistorisch, wie es so schön heißt. Campbell hatte mit seinen Forschungen absolut einen Punkt getroffen.

Die Heldenreise gibt es in vielen Bereichen

Diese 12 Stationen können wir auch in anderen Filmen, wie Pretty Woman, Star Wars, oder Harry Potter finden, oder eben auch in Romanen.
Die Heldenreise wird auch im psychotherapeutischen Kontext, zum Beispiel in der Gestalttherapie genutzt.
Wir sehen also, dass das Geschichtenerzählen eine lange, lange Tradition und viele Einsatzmöglichkeiten hat und wenn wir dem Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung Glauben schenken, sitzt es auch im sogenannten „Kollektiven Unbewussten“. Ein Grund mehr, es in unseren Präsentationen zu nutzen, denn es wird von allen Menschen auf der ganzen Welt verstanden.
Eine weitere Methode, sich der Heldenreise im Storytelling zu nähern kommt aus der Theaterwelt. Es werden in „Freytags Pyramide“ 5 Akte beschrieben, die man sogar auf Aristoteles zurückführen kann.

Ja, so alt ist die „Wissenschaft“ um gute Geschichten schon. Der deutsche Schriftsteller Gustav Freytag verfasste diesen Aufbau eines Dramas in seinem Werk „Die Technik des Dramas“, das 1863 erschien.
Die 5 Akte bauen sich pyramidenförmig von links nach rechts auf und starten mit dem ersten Akt, der Exposition, dem Moment, der die Aktion in Gang bringt, im 2. Akt gibt es die Komplikation, die Spannung steigt und der 3. Akt bildet den Höhepunkt und den Wendpunkt, dann als 4. Akt wird die Rückkehr eingeleitet, die Spannung fällt langsam ab, es kann noch einmal Wendungen geben und schließlich endet im 5. Akt genannt Denouement, das Drama mit der Auflösung und diese führt zur Katharsis, also zur Reinigung und Läuterung.

Die Entspannung darf einsetzen. Wir erleben diese Aufteilung im Theater, aber auch in guten Werbespots zum Beispiel.
Das Thema „Storytelling“ ist deshalb auch interessant für alle Marketers.

Wir sehen schon, dass zwischen Joseph Campbells, Christopher Voglers und Gustav Freytags Systemen Parallelen bestehen.
Also keine Aufregung, für unsere Zwecke können wir Storytelling innerhalb von Präsentationen sogar noch etwas vereinfachen.
Ein paar Zutaten müssen aber bestehen bleiben, sonst funktioniert Storytelling nicht. Die genauen Zutaten und wie wir für uns eine Story aufbauen, das schauen wir uns in einer weiteren Folge zum Thema Storytelling an.
Vielleicht hast Du ja jetzt Lust bekommen und schon ein paar Ideen für Stories entwickelt. Schreib mir gern, welche Gedanken Du dazu hast.
Jetzt wissen wir, woher die „Heros Journey“, also die Heldenreise“ kommt und wie diese Sequenzen erfolgreich in Stories eingebaut werden, damit das Publikum noch lange davon träumt.

Ich wünsche Dir jetzt auch schöne Träume und freue mich auf die nächste Story!

Auch als Podcast verfügbar

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