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Die Gute-Nacht-Geschichte 4.0 – Wie wir freiwillig auf unser Handy verzichten

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Zeit für eine Story?

Wir begeben uns auf eine Zeitreise in die der Afar-Region von Äthiopien, dort, wo man die ersten Menschen vermutete. Wir schauen durch einen kleinen Spalt in der Zeit zurück und sehen einige Familien, die Abends vor dem Feuer sitzen. Es sind Kinder dabei und ältere. Alle sitzen um das wärmende Feuer und als wir näherkommen bemerken wir, wie einer der Gestalten spricht und die anderen mit offenen Mündern lauschen. Der Redner ist ein Mann, nennen wir ihn Joe, der von seiner Entdeckungstour berichtet und davon, wie er es geschafft hat, den Verfolgern des feindlichen Nachbarstammes zu entfliehen und somit sein Leben und das vieler Stammesgenossinnen und Genossen gerettet hat, denn in seinem Beutel befand sich das Ergebnis seiner erfolgreichen Jagd, das er mit seinem Leben verteidigt hatte. Diese Jagdbeute sichert den Menschen seines geliebten Stammes wieder das Überleben für einige Tage mit Nahrung und wärmender Kleidung.

Konntest du mitgehen? Diese Geschichte ist erfunden, könnte sich aber genauso zugetragen haben.

Mit einer guten Story verzichten wir aufs Handy

Es gab tatsächlich einmal ein Experiment, das einen ähnlichen Aufbau wie die Geschichte, die ich am Anfang erzählt hatte. Man hat einige Familien, die sich natürlich freiwillig gemeldet hatten, in die Zeit der frühen Menschen zurückversetzt. Sie hausten also ein paar Wochen in Zelten, hatten kein fließendes Wasser und natürlich auch keine modernen Kommunikationsmittel wie Handy, Computer oder TV. Selbst jagen mussten sie aber nicht. Nach dem Experiment führte man die unterschiedlichsten Auswertungen durch.

Man fragte auch die Kinder, was ihnen am besten gefiel. Mit Abstand wurde das Geschichtenerzählen am Lagerfeuer als beste Erfahrung dieses Experiments erwähnt. Das hat den Kids am besten gefallen. Geschichten zu erzählen und zu hören liegt uns also im Blut könnte man sagen. Also lasst uns diese Eigenart in unseren Präsentationen nutzen.

Seit Urzeiten erzählen sich die Menschen schon Geschichten, mündlich überliefert, aber auch als prähistorische Wandzeichnungen vor rund 20-tausend Jahren in Höhlen von Alta-mira in Nordspanien, oder im Französischen Lascaux, als wunderschöne, bunte und goldfarbige Hieroglyphen in den Pyramiden von Gizeh, auf Papyrus – bereits geschriebene Texte und viel später, als der Buchdruck erfunden wurde, auch in edlen Folianten, die zunächst nur den Gelehrten zugänglich waren.

Geschichten machen uns unsterblich – Die klassische Heldenreise: „Hero’s Journey“

Es ist ein roter Faden in allen Kulturgeschichten der Menschheit, das Weitertragen von Geschichten, das uns auch nach dem Tod des Verfassers weiterleben und weiterlernen lässt. Fast schon pathetische Worte, ich weiß, aber so ist es. Mit Geschichten werden wir unsterblich und die Geschichten, die wir und unsere Sippe, unsere Gemeinschaft unsere Kultur erlebt und davon gelernt hat, leben weiter. Auch deshalb sind Stories so kraftvoll.

Lassen wir das mal einen Moment einwirken.

Vielleicht kennst du ja auch schon den Begriff „Hero‘s Journey“, die Klassische Heldenreise, so hat es Mythenforscher Professor Joseph Campbell bereits in den 1950er Jahren aufgeschrieben. Seine Ideen dazu wurden allerdings erst nach seinem Tod 1987 bekannt und populär.

Joseph Campbell hat die Mythen und Erzählungen vieler Kulturen erforscht und kam zu dem Schluss, dass es eine universelle Heldenreise gibt, die eben international, interkulturell und transhistorisch verstehbar ist. Wobei jede Kultur ihre eigenen Heldinnen und Helden hat. Die Geschichte der Heldenreise bleibt aber im Kern gleich.

Die klassische Heldenreise verfügt demnach über 17 Stationen, die wir auch in den meisten Kinofilmen wieder finden. Der Drehbuchautor Christopher Vogler hat die Heroes Journey in ähnlicher Weise interpretiert und seine Heldinnen und Helden eine etwas verkürzte, 12-Stufige Reise durchlaufen lassen.

Die 12 Archetypen in Stories

Geprägt ist diese Reise und die Figuren darin auch vom Schweizer Tiefenpsychologen Carl Gustav Jung, der in seinem Buch „Der Archetyp und das kollektive Unbewusste“ 1934 beschrieb, dass in allen menschlichen Vorstellungen – er nannte das Kollektives Unbewusstes – über Handlungsweisen und Charaktereigenschaften bestimmte Menschentypen existieren. Diese sogenannten Archetypen sind meist unbewusst aber sie beeinflussen die menschlichen Ängste, Träume und Wünsche.
Die 12 Archetypen von Jung können als Figuren in fiktionalen Texten, oder eben Geschichten, Filmen und Games mittels symbolischer Bilder erfahrbar gemacht werden. Ein Archetypus, das Wort setzt sich zusammen aus Arche – Anfang/Ursprung und Typ – Vorbild, also salopp gesagt der Ursprungs-Typ von nebenan 😊.

Diese Typen, es sind ja mehrere, bezeichnen Urformen des Handelns, der Erfahrungen und der Rollenbilder, die in uns Menschen kollektiv verankert sind.

Sie tauchen in Träumen, Mythen, Märchen, Sagen und Erzählungen aber auch in heutigen Marken und in der Werbung auf.
Archetypen sind nach Jung – alle in männlicher Form::

Der Weise: Klar, das sind Figuren wie Dumbledore bei Harry Potter, oder Gandalf, der gleichzeitig auch der Zauberer in „Herr der Ringe“ ist.

Eigenschaften sind nachdenklich, analytisch, vertrauenserweckend. Als Marken könnte man „National Geographic“ sehen, oder Institute, wie das „Fraunhofer Institut“.

Der Unschuldige: ist ehrlich, uneitel und demütig, er oder sie sieht das Gute ist aufrichtig und optimistisch. Manchmal auch etwas naiv. Alice im Wunderland käme in den Sinn, oder auch Dorie aus Findet Nemo.

Der Entdecker – ist abenteuerlustig, neugierig und individualistisch – man könnte sich hier die Marke Patagonia vorstellen, oder an

Der Herrscher: ist ganz klar, dominant, kontrollierend und im guten Sinn verantwortungsvoll, im schlechten Sinn missbraucht er seine Macht. Alls Führungsfiguren im eigentlichen Sinne können den Herrscher verkörpern. Wie Russel Crowe in Master ans Commander.

Der Schöpfer: ist kreativ, erfinderisch und aktiv, wie zum Beispiel Dr. Emmet Brown, der Erfinder der Zeitreisen in „Zurück in die Zukunft“, bei Marken könnte man Baumärkte im Sinn haben die das „Do it yourself“ propagieren.

Der Pfleger, oder Betreuer: zeigt Fürsorge, ist selbstlos und mitfühlend. Klassische Qualitäten von Medizinprodukten zum Beispiel oder von treuen Dienern – das können in Geschichten auch Tiere sein.

Der Magier: ist visionär, hat Zauberkräfte und verwirklicht Träume. Das sind natürlich die Zauberer Figuren in Märchen und Sagen.

Der Held: ist der Klassiker unter den Figuren und kommt in jeder Story vor. Er oder sie ist stark, mutig, hilfsbereit und kämpft für das Gute, Ein Robin Hood zum Beispiel oder auch Batman und Superman und Woman.

Der Rebell: ist jemand, der Regeln bricht, auch mal schockiert und gegen den Strom schwimmt. Manch Rebellen sind ihrer Zeit voraus. Harley Davidson als Marke würde einem da einfallen, oder James Dean im Film Klassiker „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ im Englischen „Rebel without a Cause“.

Der Liebhaber: auch ein Klassiker, der leidenschaftlich, verführerisch die Liebste umgarnt – und als gute Figur auch Geborgenheit gibt. Parfümmarken wären ein Beispiel und natürlich alle Womanizer der Filme wie Robert Pattinson in „Biss zum Morgengrauen“

Der Narr: ist humorvoll, unterhaltsam und sympathisch, kann ungestraft die Wahrheit sagen. Werbung von Media Markt fällt einem da ein oder Figuren wie Clowns und lustige Typen wie der verspulte Alan in „The Hangover“.

Der Waise, im Sinne von Waisenkind, der sich oftmals als Opfer fühlt. Allein gelassen wird und sich selbst durchkämpfen muss.

Weitere Archetypen der heutigen Welt

Neben der Jung’schen Aufzählung gibt es noch weitere Archetypen, zum Beispiel:
der Krieger/die Kriegerin, die Zerstörer, zum Beispiel die Erinnyen, Rachegöttinnen aus der Griechischen Mythologie.

Welche Archetypen fallen Dir noch ein?

Der streitsüchtige Nachbar zum Beispiel, der immer, wenn Du Besuch bekommst, lautstark bemerkt, „Hier dürfen sie nicht parken!“ Naja, welche Archetyp könne DAS sein?

Vielleicht das Rumpelstilzchen, oder ein kleiner, keifender Waldschrat. Diese Vorstellung macht das Geschimpfe des Nachbarn vielleicht sogar amüsanter.

Stellen wir uns keifende Menschen einfach als kleine moosbewachsene Waldschrats vor. Ich finde Idee sehr gut.

Der Narr, die Närrin, finde ich eine sehr interessante Figur, wie der Hofnarr im Mittelalter. Im gleichnamigen, uralten aber sehr amüsanten Film mit Danny Kaye als „König der Narren und Narr der Könige bezeichnet“. Am Ende des Filmes gibt es den irrwitzigen Tausch des vergifteten Bechers, der Protagonist muss sich mit Hilfe eines Reims merken, wo das Gift versteckt war: „In dem Becher mit dem Fächer ist der Wein gut und rein“ uns so weiter. Herrlicher Slapstick.

Der vergiftete Becher auch ein uraltes Symbol, der Schierlingsbecher zum Beispiel. Wird tragischerweise heute noch angewandt – insbesondere von Frauen, die – wenn sie morden – lieber die Gift-Variante bevorzugen.

Der Narr – Vorläufer der heutigen Comedians und das Höhlengleichnis von Platon

Die Figur des Narren war der Vorläufer der heutigen Comedians, die heute wie damals politische und andere Missstände auf die Bühne bringen dürfen, ohne gleich eingekerkert zu werden – zumindest in unseren Breitengraden ist das noch so. Hoffen wir, dass das so bleibt. Die Zeit dafür ist aus der alten Tradition heraus übrigens der Fasching. In München wird das sogenannte Politikerderblecken traditionell jedes Jahr auf dem Nockerberg gefeiert.

Gehen wir in die Zeit der alten Griechen:

In der Antike hat bereits Platon in seinem „Höhlengleichnis“ eine interessante Geschichte erzählt, wie eine, die viele von uns in der modernen Version als Mega Blockbuster kennen.

Sie handelt von einer Gruppe von Menschen, die in einer Höhle angekettet nur Schattenbilder ihrer selbst an der Wand sehen, die durch ein Feuer hinter ihnen projiziert werden. Die Menschen halten die Schattenbilder für die Realität und befinden sich auf der ersten Stufe der Realität, nämlich der rein sinnlichen Wahrnehmung.

Was würde passieren, fragt Platon weiter, wenn einer der Gefangenen losgebunden und gedrängt würde, aufzustehen, und die Höhle zu verlassen, sich selbst zu betrachten und nicht nur den dunklen Schein der Reflektionen an der Wand?

Dieser Mensch wäre zunächst vom Feuer und von der Sonne geblendet, ist er doch die Dunkelheit gewohnt und er würde die realen Dinge erst einmal nicht für wahr erkennen und verwirrt sein.

Es würde einige Zeit dauern, bis er sich an die realen Dinge gewöhnt hätte, jedoch blendet das Licht noch immer und es zieht ihn womöglich in die bequeme Dunkelheit der Höhle zurück.

Na, erkennen wir da so manche unserer eigenen Verhaltensweisen wieder?

Antike Geschichte im ikonischen Kino Hit

Und, hast du schon erraten, welcher Kino Blockbuster mit Keanu Reeves sich an der Geschichte orientiert?

Die Geschichte von Platon geht noch weiter. Stellen wir uns vor, unser befreiter, ehemals Gefangener wird also mit etwas Nachdruck doch dazu gebracht in der Realität zu bleiben und er würde zurück in die Höhle gehen, um andere zu befreien.
Die würden das vermutlich gar nicht wollen, weil auch sie die bequeme Dunkelheit der zunächst mal schmerzlichen Erkenntnis vorziehen.

Der befreite Gefangene symbolisiert für Platon den Philosophen, der durch Erkenntnis und philosophische Reflexion die Wahrheit jenseits der sinnlichen Erfahrung erkennen kann. Er wird vom Zustand der Unwissenheit befreit.

Sehr tiefgründig, oder? Schon erkannt, welcher Kinohit das ist: Matrix, Genau!

Die Macher dieses Films wurden gefeiert und die Story war schon bemerkenswert, auch sehr gut filmisch umgesetzt, mit spektakulären Kampfszenen und den Bullet-Time Effekt. Die Kugeln, die man quasi in Zeitlupe fliegen sah.

Wenn man genau schaut, ist es aber eine tiefe Angst in uns Menschen, dass wir irgendwie angekettet sind, wie in Platons Geschichte, oder wie in Matrix einfach unbewusst als Batterien für die Maschinen angezapft werden. Wohlgemerkt Maschinen, die wir selbst zuvor mit KI gefüttert als unsere Helferlein entwickelt und dann den Krieg gegen sie verloren hatten. Sehr dystopisch, diese Idee … und angesichts der heutigen Entwicklungen gruselig.

Unser Gehirn liebt solche Geschichten, weil wir uns damit auch ein bisschen identifizieren können.

Geschichten verbinden

Eines ist klar, wir sind soziale Wesen und auch evolutions-biologisch gesehen von anderen Menschen abhängig, wenn es ums Überleben geht.

In Urzeiten konnte kein Mensch alleine überleben, auch Erwachsene waren auf die Sippe, die Gemeinschaft angewiesen. Das steckt noch in unseren tiefen Erinnerungen und in unserer Geschichte.

Deshalb verursacht ein Ausschluss aus einer Gruppe, sei es nun unsere Clique, unser Freundeskreis oder unsere eigene Familie einen enormen Stress. Wir haben alle einen mehr oder weniger großen Wunsch nach Zugehörigkeit.

Das war früher so und ist auch heute noch in vielen Köpfen oder besser Herzen tief verankert.

Wenn wir in der Gruppe am Lagerfeuer – oder im Wirtshaus oder in der stylischen Rooftop-Bar zusammensitzen und uns Geschichten über unsere Heldentaten erzählen dann geht’s uns wieder gut, wir fühlen uns zugehörig und die Welt da draußen ist nicht mehr so schlimm.

Wir schütten dabei das Kuschelhormon Oxytocin aus, das wiederum enger zusammenschweißt und uns zur Kooperation bringt.

Das nächste Mammut erlegen wir gemeinsam, oder das nächste Marketing Projekt. Hauptsache die Helden und Heldinnen werden gefeiert und schreiben Geschichte.

In diesem Sinne – schreib auch Du Geschichte mit deiner Story in Deinen Präsentationen, denn das wirkt.

Viel Erfolg wünscht Dir Deine Silvia!

Auch als Podcast verfügbar

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